Begriffserklärung

Der Postamentofen
Der Figuren- oder Standbildofen


Dem Zeitgeschmack entsprechend, war es gegen Ende des 18. Jahrhunderts in besseren Kreisen nicht unüblich, sein Umfeld mit Skulpturen nach antiken Vorbildern in unterschiedlichen Werkstoffen zu schmücken.
Dabei wurden im Zuge der harmonisierenden Raumgestaltung auch die nicht immer leicht zu integrierenden dezentralen Feuerstätten der Innenarchitektur angepasst.
„Dieser Sitte entsprechend nahm man gerne den eckigen und mehr noch den runden Ofen als Postament für eine Figur, die oft nicht einmal aus Eisen bestand und mit der Technik des Ofens gar nichts zu tun hatte“. (1) Das Postament stellt also den eigentlichen Ofen dar und die darauf gesetzte Figur bildet keine technisch-funktionale Einheit mit dem Unterteil.
Neben Socrates-, Commodus- und Crispinabüste gehörten die große und kleine Herculanerin zu den berühmtesten „Ofenaufsatzfiguren“. Auch aufgesetzte Tiergestalten konnten als Schmuckelement dienen, ebenso Schmuckfiguren aus Ton.

„Von diesen Öfen sind die…Standbildöfen zu unterscheiden, bei denen die Figur einen Teil des Ofens bildet, der seine Oberfläche vergrößert“. (2) Der figürliche Gesamtkörper ist demnach als rauchgasführender Bestandteil der Gesamtkonstruktion zu verstehen, bei der z.B. „die Heizgase durch die hohlen Beine der klassischen Gestalten hinauf und hinab“ geführt wurden. (3)
Unter- und Oberofen sind in diesbezüglichen Preislisten, ihrer Funktion entsprechend, als getrennte Bauteile ausgewiesen.
Dabei konnte der Preis der „Statue“ über der des eigentlichen Ofens samt Zubehör liegen.
So werden in einem „Journal der Moden“ vom Oktober 1786 für den emaillierten Ofen samt Zubehör 75 Reichstaler, für die Statue des Ganymed jedoch 100 Reichstaler als Preis genannt. (4)
Als Mischform kann der von der Ilsenburger Hütte anlässlich der Weltausstellung 1862 gezeigte Ritterofen betrachtet werden. Der aus mehreren Einzelteilen gegossene Ritter umschließt ein dem Brennraum nachgeordnetes Ofenrohr mit obigem Abzug.

Figurenöfen - im eigentlichen Wortsinne - sind Exponate, bei denen die Figur in ihrer Gesamtheit ein in sich geschlossenes System für Brennraum wie auch Rauchgasführung darstellt.
Erst der durch den Osttiroler Bildhauer Joseph Mattersberger (1755-1825) im Gräflich Einsiedelschen Eisenwerk des Grafen Detlef Carl von Einsiedel (1737-1810) im sächsischen Lauchhammer im Jahre 1784 mittels Wachsausschmelzverfahren in einem Stück gelungene Eisenhohlguss einer „Bacchantin“ erlaubte es, über die Machbarkeit eines brauchbaren Figurenofens aus Gusseisen nachzudenken.
So erfüllt erst die um 1810 als „nicht typische Skulptur, aus einigen, teilweise mit Schamott gefüllten Gusseisenelemente gegossene“ (5) ägyptische „Isispriesterin“, mit Geierhaube und sonstigen Schmuckauflagen aus Bronze verziert, die für einen Ofen zugedachten Funktionen; mussten doch Feuerraum, Aschenfall, Zuluft- und Abgasführung - vermutlich ausschließlich für den Brennstoff Kohle konzipiert - möglichst unauffällig integriert werden.
Ob die ursprünglich als Eisenhohlguss gefertigte „Bacchantin“ auch als Figurenofen im beschriebenen Sinne hergestellt wurde, ist nicht bekannt.
Als Schüler von Johann Baptist Hagenauer (1732-1810) konnten Mattersberger während seiner Lehrjahre in Salzburg die in der Hafnerkunst des ausgehenden 18. Jahrhunderts entstandenen Figurenöfen nicht entgangen sein. Durch Reisen nach Mailand, Florenz und Rom vervollkommnete er seine bildhauerischen und zeichnerischen Fertigkeiten, war er doch nicht nur als Metallplastiker erfolgreich.


Sind in derartiger Form gegossene Öfen für die Einen „…kaum mehr als künstlerisches Erzeugnis zu beurteilen, sondern als technische Ware“ (6), waren sie für gehobene Kreise, nicht zuletzt aufgrund der hochinteressanten Gestehungsgeschichte, ideale Repräsentationsobjekte.

Neben dem möglicherweise strittigen dekorativen Zweck werden jedoch zwei Gesichtspunkte übersehen:
Zum einen heizt ein Ofen, unabhängig von seinem äußerlichen Erscheinungsbild, immer nur so gut wie sein Brennraum, dem jeweiligen Brennstoff entsprechend, konstruiert ist.
Zum anderen wird die enorme Wärmeleit- und Speicherfähigkeit des Werkstoffs Gusseisen unterschätzt, zumal es sich dabei auch noch um Strahlungswärme abgebende Öfen handelt.

(1) (2) „Eisenöfen“, Wingolf Lehnemann, München 1984, S. 31
(3) (4) „200 Jahre Lauchhammer 1725-1925“, Lauchhammer 1925, S.48
(5) „Josef Mattersberger: Ein klassizistischer Bildhauer im Dienste der Grafen von Einsiedel und der sächsische Eisenkunstguss um 1800“, Gerd-Helge Vogel, Berlin 2015, S. 129
(6) „Die häusliche Heizung“, Alfred Faber, München 1957, S. 178



Zurück zur Übersicht

Copyright 2014-2023 | Deutsches Eisenofenmuseum | Karin Michelberger & Wilfried Schrem | Impressum & Datenschutz