Begriffserklärung

Der Etagen- oder Kästchenofen

Etagenöfen wurden aus Keramik, Gusseisen und Eisenblech gefertigt sowie in Kombination dieser Materialien. Grundsätzlich kann dieser Ofentypus als eine brennraumverkleinerte, auf jeden Fall schornsteinabhängige Weiterentwicklung des Plattenofens verstanden werden. Die Befeuerung mit Holz oder Torf als langflammigen Brennstoffen erfolgte meist über die Schmalseite, seltener über die Breitseite - mitunter auch als Hinterlader, mit entsprechender Wanddurchführung.

Synonyme Bezeichnungen wie „Wind-, Zug- oder Ventilierofen“ beziehen sich auf den durch den Schornstein entstehenden Unterdruck bzw. Luftaustausch im Raum. Waren offene Feuerstellen bzw. Kastenöfen noch nicht immer mit Schornsteinsystemen verbunden, lehrte nun die Erfahrung, dass durch den Schornsteinzug sowohl eine kontrolliertere, zuluftgesteuerte Verbrennung als auch eine bessere Nutzung der „langen Flammen“ möglich war. Die Suche nach wirtschaftlicheren, sprich „holzsparenderen“ Öfen wurde bereits im 15. und 16. Jahrhundert thematisiert, jedoch zunächst aufgrund zahlreicher „Privilegien“ erschwert.

Durch die desolaten politischen wie wirtschaftlichen Verhältnisse und die merkantilistischen Bestrebungen einzelner Landesherren zu Beginn sowie die einsetzende Industrialisierung gegen Ende des 17. Jahrhunderts und die damit verbundene unterschiedliche Verfügbarkeit vorhandener Rohstoffe rückte der Bau „holzsparender Öfen“ wieder vermehrt ins Bewusstsein findiger Konstrukteure. Verfeinerte Fertigungsmethoden im Giessereiwesen und öffentliche Ausschreibungen beschleunigten dabei diesen Entwicklungsprozess hin zum klassischen Holzofen: Dem Etagen- oder Zirkulierofen. Jedoch profitierten erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts - durch günstigere Herstellungs- und Vertriebsmethoden - auch breitere Bevölkerungsschichten von dieser Entwicklung.

Beim Etagenofen verweist bereits die ursprüngliche Namensgebung, der „stockwerksähnliche“ Aufbau, auf die grundsätzliche Funktionsweise. Ziel dieser Konstruktion war die „Vermehrung“ der Abstrahlungsoberfläche bzw. die durch die längeren Rauchgaswege erhöhte Wärmeabgabe über S-förmig oder doppelzügig angeordnete, senkrecht und waagerecht verlaufende Abgasschächte. Waren auffällige zugverlängernde Aufbauten bei gemauerten bzw. keramischen Zimmeröfen oder Kombinationen aus gusseisernem Unterbau mit keramischem Aufsatz von jeher selbstverständlich, ermöglichten beim Eisenofen erst aufwändige Herstellungsverfahren solche rauchgasführenden Konstruktionen.

Beim klassischen gusseisernen Etagenofen münden Vertikalschächte, sog. „Tuben“, in horizontale, randgefasste Übergangsrahmen mit ein oder zwei „Tubenöffnungen“, auf die ein Horizontalschacht folgt. In perfekter Ausführung wurden Querschächte bereits mit angeformtem Übergangsrahmen gegossen. Vertikal- und Horizontalschächte gab es sowohl in runder, ovaler wie auch eckiger Ausführung. Die sich aus der Bauweise ergebenden Hohlräume, meist als „Durchsichten“ bezeichnet, wurden später auch mit ein- oder zweiflügeligen, meist durchbrochenen Ziertüren auf der Vorderseite, mitunter zusätzlich auf der Rückseite, versehen. Der Brennraum, sprich Feuerkasten, wurde sowohl am Stück als auch aus einzelnen Falzplatten hergestellt, eine Ausmauerung mit Schamottesteinen empfohlen. Bei reiner Holzfeuerung wurde auf Rost und Aschenkasten verzichtet.

Unter Beibehaltung der kubischen Grundform wurden von fast allen namhaften Gießereibetrieben um die Mitte des 19. Jahrhunderts ein- oder mehrstöckige Etagenöfen angeboten. Klassische Vertreter dieses Typus finden sich bereits im Empire, schwerpunktmäßig im Klassizismus bzw. Biedermeier, jedoch auch im Historismus und Jugendstil. Noch heute werden in den skandinavischen Ländern bauähnliche Öfen hergestellt und finden ihre Liebhaber. In seiner ursprünglichen Funktionsweise ist uns dieser Ofentypus bis heute erhalten geblieben und erlebt aktuell durch sog. „Speicheröfen“, z.B. als Kombination aus den Materialien Gusseisen und Keramik, eine sinnvolle Renaissance.



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